Die Leitzinsen in der Schweiz sind wieder nahe bei null. Doch wer eine Hypothek sucht, merkt davon wenig. Die Banken verlangen höhere Aufschläge – und vergeben Kredite zunehmend zurückhaltend.
Wer in der Schweiz ein Eigenheim kaufen will, steht vor grossen Hürden. Die Immobilienpreise steigen unaufhörlich, was mehr Eigenkapital und höhere Hypotheken erfordert.
Doch genau mit den Hypotheken ist es so eine Sache. Häufig ist zu hören, sie seien zu teuer – oder schwer zu bekommen. Was ist daran, an dieser Kritik?
Sind Hypotheken «zu teuer»?
Kurzfristige Saron-Hypotheken sind derzeit gemäss den Richtsätzen der Banken für rund 1,3 Prozent zu haben. Zehnjährige Festhypotheken kosten rund 1,7 Prozent. Das ist deutlich weniger als noch vor zwei Jahren: Im Sommer 2023 war praktisch keine Hypothek unter 2,5 Prozent zu haben.
Auffällig ist jedoch die Entwicklung im letzten halben Jahr. Seit Dezember 2024 haben die Hypothekarzinsen die Leitzinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht mehr vollumfänglich mitgemacht.
So sind die Preise für 5- und 10-jährige Festhypotheken heute ähnlich hoch wie Anfang Dezember 2024, obwohl die SNB seither den Leitzins in zwei Schritten um 0,75 Prozentpunkte gesenkt hat.
Saron-Hypotheken sind zwar etwas günstiger geworden, aber nur um rund 0,4 oder 0,5 Prozentpunkte. Typischerweise werden Leitzinssenkungen eins zu eins weitergegeben.
Trump-Effekt und Margenausweitung
Für die langfristigen Hypotheken spielt das internationale Umfeld eine Rolle. Seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar sorgt US-Präsident Donald Trump mit regelmässigen Zollankündigungen für Verunsicherung an den Märkten. «Die Banken und Investoren rechnen mit mehr Inflation und wachsenden Risiken», sagt Adrian Wenger vom Hypothekenzentrum. Das trieb die Nachfrage nach langfristigem Kapital nach oben – und mit ihr die Kosten für Festhypotheken.
Inzwischen haben sich die Märkte etwas beruhigt, aber ein gewisses Mass an Verunsicherung bleibt.
Der zweite Grund liegt bei den Banken selbst: Sie haben ihre Margen erhöht. Das zeigt sich besonders deutlich bei den Saron-Hypotheken. Diese bestehen aus dem SNB-Leitzins plus einem Aufschlag, der die Marge der Bank abbildet. «Der Aufschlag auf den Saron beträgt für Privatkunden derzeit durchschnittlich 1,1 Prozentpunkte», sagt Florian Schubiger, Mitgründer von Hypotheke.ch. Anfang Jahr hatte er noch bei 0,9 Prozentpunkten gelegen. Die Banken geben also die Zinsvorteile nicht mehr vollständig weiter – und sichern sich selbst höhere Erträge.
Regulatorische Bremse
Dass sie sich dieses Verhalten leisten können, liegt auch am schwachen Wettbewerb. «Selbst wer die Konditionen verschlechtert, muss nicht fürchten, dass Kunden abspringen», sagt Schubiger. Derzeit sei die Bereitschaft der Banken, neue Hypotheken zu vergeben, allgemein gering.
Dies wiederum liegt vor allem an der verschärften Regulierung. Seit Mitte 2024 verlangt die SNB von den Banken höhere Mindestreserven. Und mit dem Inkrafttreten von Basel III Anfang 2025 müssen viele Hypotheken mit mehr Eigenkapital unterlegt werden – besonders bei Renditeobjekten oder hohen Belehnungen. Dieses Kapital fehlt nun für neue Finanzierungen.
Im Mai schliesslich meldete sich auch noch die Finanzmarktaufsicht (Finma) und forderte von den Banken eine stärkere Harmonisierung der Kreditvergabe. Sie kritisierte, dass diverse Banken ihre Spielräume bei sogenannten Exceptions-to-Policy (ETP) «übermässig ausnutzen».
All das schafft Unsicherheit. «Die Banken durchleuchten ihre Portfolios und fragen sich, wo die Risiken liegen», sagt Adrian Wenger. «Und wenn man unsicher ist, hält man das Geld lieber zurück – das gilt für Banken genauso wie für Private.»
Wenger sieht in der gegenwärtigen Zurückhaltung auch eine Folge der CS-Übernahme. «Damals waren viele Banken bei der Ablösung von CS-Hypotheken sehr aktiv – teils forsch. Kurz darauf wurde der Spielraum durch neue Vorschriften eingeschränkt. Viele Banken haben heute ihre Bücher voll und nur noch begrenzt Platz für neue Finanzierungen.»
Wählerische Banken
Wie zurückhaltend die Banken mittlerweile sind, zeigte kürzlich ein Versuch der Zeitschrift «K-Geld». Die Journalisten gaben sich auf Hypotheke.ch als Ehepaar aus, das ein Haus in Seuzach (ZH) für 1,25 Millionen Franken kaufen und eine Hypothek von einer Million Franken aufnehmen wollte. Die Belehnung: 80 Prozent – also im üblichen Rahmen. Ihr Einkommen deklarierten sie mit 225 000 Franken und damit hoch genug, um die gängigen Tragbarkeitsanforderungen zu erfüllen.
Trotzdem erhielten sie nur von 8 der 15 angefragten Kreditgeber eine Offerte. Die restlichen – darunter Banken, Versicherungen und Pensionskassen – lehnten ab. «Seit etwa einem halben Jahr sind die Anbieter deutlich wählerischer geworden», sagt Schubiger. «Vor allem dann, wenn die Finanzierung knapp ist.» Gewisse Kunden hätten derzeit effektiv ein Problem, einen Kreditgeber zu finden.
Auch grosse Versicherer und Pensionskassen halten sich laut Schubiger zurück. «Sie wollen sehr konservativ bleiben und schauen bei komplizierten Kreditanfragen gar nicht erst hin», sagt Schubiger.
Tipps für Hypothekarnehmer
Was können Käufer in diesem Umfeld tun? Wer eine gute Bonität mitbringt – also eine Belehnung unter 80 Prozent und ein hohes Einkommen –, sollte laut Schubiger unbedingt weiterhin verhandeln. Bei guter Bonität sei heute oft sogar mehr Spielraum nach unten vorhanden als früher, weil in der ersten Offerte die Marge sehr hoch sei.
Zudem lohne es sich, auch institutionelle Anbieter wie Pensionskassen oder Anlagestiftungen in Betracht zu ziehen. «Die besten Offerten auf unserer Plattform kommen oft von ihnen», sagt Schubiger. Doch auch diese Anbieter sind selektiv: Manche vergeben nur Hypotheken im eigenen Kanton, andere setzen ein spezielles Risikoprofil voraus. Wer als Kunde genau ins Schema passt, spart allerdings laut Schubiger schnell 0,3 Prozentpunkte.
Für Wenger steht derzeit weniger das Vergleichen im Vordergrund als die Frage: Bekommt man überhaupt eine Hypothek? «Wir erleben es momentan sehr häufig, dass Notariatstermine verschoben werden müssen, weil Banken abspringen», sagt er. Manchmal platze sogar der Kauf. Sein Rat: «Nicht nur eine Offerte bzw. ein Zahlungsversprechen einholen – sondern frühzeitig eine verbindliche Kreditprüfung mit Zahlungsversprechen verlangen.»
Weniger Käufer, tiefere Preise
Immerhin: Die schwierige Finanzierungslage hat auch eine positive Wirkung. «Wenn weniger Käufer auf dem Markt sind, entspannt sich die Preissituation», sagt Wenger. Statt zehn Interessenten sind es vielleicht nur noch zwei – das kann den Anstieg der Immobilienpreise bremsen. «Und ein tieferer Kaufpreis bringt oft mehr als 10 oder 20 Basispunkte beim Hypothekarzins.»
Langfristig dürfte sich das Umfeld wieder entspannen. Die Banken werden die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen verdauen. Auch dürfte der Wettbewerb laut Wenger wieder zunehmen: «Wenn die Zinsen weiter sinken oder gar negativ werden, werden auch die grossen Pensionskassen und Versicherungen wieder vermehrt Hypotheken vergeben.»