Dem Signa-Gründer wird im ersten Strafprozess vorgeworfen, Geld vor seinen Gläubigern versteckt zu haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Verhandlung.

Der gefallene Milliardär René Benko steht ausgerechnet in seiner Heimatstadt Innsbruck zum ersten Mal vor Gericht.
Hans Klaus Techt / APA
Am Dienstag beginnt das nächste Kapitel im Fall Signa. Um 9 Uhr beginnt im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck der erste Strafprozess gegen René Benko. Die Ermittler werfen ihm vor, dass er vor seiner Insolvenz Geld beiseitegeschafft haben soll.
Darum geht es im ersten Verfahren:
Warum ist der Fall Benko interessant?
Zu seinen besten Zeiten war der 48-jährige Österreicher ganz oben. Er umgab sich mit Politikern und konnte erfahrene Unternehmer wie Klaus-Michael Kühne, Ernst Tanner von Lindt & Sprüngli und den Kaffeemaschinenfabrikanten Arthur Eugster überzeugen, bei ihm zu investieren.
René Benko zeigte sich gerne als Mann der Superlative. Innerhalb kurzer Zeit baute der Schulabbrecher aus Innsbruck eine Firmengruppe auf, zu der Luxusimmobilien und Warenhäuser in Österreich, Deutschland und Italien gehörten. In der Schweiz beteiligte sich die Signa-Gruppe an Globus und kaufte 2019 in New York das berühmte Chrysler Building. Das Magazin «Forbes» schätzte sein Vermögen damals auf fünf Milliarden Euro.
Ende 2023 folgte der Absturz: Die Implosion der Signa-Gruppe ist eine der grössten Pleiten in Europa – alleine in der Schweiz musste die Bank Julius Bär schlecht besicherte Kredite in Höhe von rund 600 Millionen Franken abschreiben. Der Schaden, der durch die Insolvenz des intransparenten Firmengeflechts verursacht wurde, geht in die Milliarden. Die Gläubiger haben bei den Signa-Insolvenz-Verwaltern Forderungen von 27 Milliarden Euro angemeldet. Weitere 2,7 Milliarden Euro wollen sie von René Benko persönlich. Im Januar 2025 wurde er verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Worum geht es im Prozess?
Gemessen am Ausmass der Pleite geht es beim ersten Strafverfahren gegen Benko um Lappalien. Vor seiner Privatinsolvenz als Einzelunternehmer, die er im März 2024 anmeldete, soll er rund 667 000 Euro vor seinen Gläubigern versteckt haben.
Für den Prozess wurde der Signa-Gründer bereits nach Innsbruck übergeführt. Gemäss dem vorläufigen Programm ist für den ersten Tag die Einvernahme von Benko vorgesehen. Am zweiten Tag sollen insgesamt acht Zeugen einvernommen werden.
Laut der Anklageschrift sind das unter anderem die Mutter und die Schwester des Signa-Gründers, sein persönlicher Insolvenzverwalter sowie der ehemalige Finanzchef der Immobilien- und Handelsgruppe. Ob sich alle äussern werden, ist unklar. Genauso, ob die zwei Tage, die das Gericht für die Verhandlung vorgesehen hat, dafür reichen werden. Falls nicht, gibt es drei Reservetermine in der kommenden Woche.
Was wirft die Staatsanwaltschaft René Benko vor?
Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft René Benko «betrügerische Krida» vor. Dieser Tatbestand entspricht im schweizerischen Strafrecht am ehesten einem betrügerischen Konkurs. In der Anklageschrift steht, er habe eine «wirtschaftlich und sachlich nicht zulässige» Mietvorauszahlung für eine seiner Villen in Innsbruck geleistet. Wegen eines Wasserschadens sei diese aber gar nicht bewohnbar gewesen. Zudem habe er eine Schenkung an seine Mutter in der Höhe von 300 000 Euro «wahrheitswidrig» als «Rückführung Darlehen» bezeichnet, wie es weiter heisst.
Für die Ermittler steht fest, dass René Benko die Zahlungen zu einem Zeitpunkt getätigt hat, an dem bereits absehbar war, dass die Signa-Gruppe zahlungsunfähig war und die Insolvenz bevorstand. Benko habe Gelder an die Privatstiftungen überwiesen, die ihm zugeordnet werden, und so Vermögen vor seinen Gläubigern beiseitegeschafft.
Was sagt Benko zu den Vorwürfen?
Der Signa-Gründer hat in seinen bisherigen Einvernahmen alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Wie er sich vor Gericht verteidigen wird, ist nicht bekannt. Er hat bislang stets damit argumentiert, dass ihn der Zusammenbruch der Immobilien- und Handelsgruppe überrascht habe.
Noch im November 2023, also kurz vor der Insolvenz, sei er definitiv davon ausgegangen, dass eine Sanierung der Gruppe möglich sei. Das sagte Benko etwa bei einer Haftprüfung im August.
Was ist mit den versteckten Luxusuhren und Waffen?
Es wird nicht bei einem Prozess bleiben. Die Wiener Ermittler haben bereits eine zweite Anklage gegen den Signa-Gründer erhoben. Mitangeklagt ist auch seine Frau. Hier geht es um versteckte Luxusuhren, Manschettenknöpfe und Bargeld.
Der Tatbestand lautet ebenfalls auf «betrügerische Krida». Ursprünglich sollte auch die zweite Anklage am Prozess am Dienstag und Mittwoch in Innsbruck verhandelt werden. Benkos Frau hat jedoch Einspruch gegen die Anklage erhoben. Daher wird sie wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt.
Konkret werfen die Wiener Ermittler den Benkos vor, Luxusgegenstände im Wert von 370 000 Euro versteckt zu haben. Bei einer Hausdurchsuchung im Haus von Angehörigen wurden sie hinter einer Reihe Weinkartons in einem versteckten Tresor gefunden.
Der Signa-Gründer sagte aus, dass er diese Luxusuhren seinen Söhnen 2021 zu Weihnachten geschenkt habe. Die Ermittler glauben René Benko allerdings nicht. Damals waren seine Söhne sechs und elf Jahre alt. Ein solches Geschenk erscheint ihnen «bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung für überaus ungewöhnlich», wie es in der Anklageschrift heisst.
Fertig ermittelt hat die Wiener Staatsanwaltschaft zudem zu Benkos Luxuswaffen. Es geht wiederum um «betrügerische Krida» auch wenn zu diesem Tatbestand noch keine Anklage vorliegt. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Signa-Gründer auch seine Jagdwaffen vor seinen Gläubigern verstecken wollte. Der passionierte Jäger Benko hat vierzehn seiner Jagdwaffen an eine Tochtergesellschaft der Laura-Privatstiftung verkauft, die ihm zugeordnet wird.
Bei einer Hausdurchsuchung im Juni 2024 wurden die Waffen aber trotzdem in Benkos Villa in Innsbruck sichergestellt. Laut dem Signa-Gründer haben nicht alle Waffen ihm gehört – auch wenn auf manchen Flinten die Insignien «RB» angebracht sind. Von Insignien juristisch ein wirtschaftliches Eigentum abzuleiten, sei seiner Meinung nach für keinen Rechtsexperten nachvollziehbar, sagte der Signa-Gründer in einer Einvernahme.
Was steht für René Benko auf dem Spiel?
Bei einer Verurteilung drohen dem Signa-Gründer schon im ersten Prozess bis zu zehn Jahre Haft. Rechtsexperten gehen davon aus, dass sich die Wiener Ermittler ihrer Sache ziemlich sicher sind und sich deswegen auch den Tatbestand der «betrügerischen Krida» als erste Anklage vorgenommen haben.
Es steht jedoch auch für die Ermittler viel auf dem Spiel. Das öffentliche Interesse am Prozess ist gross. Kommt die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage nicht durch, wäre das eine herbe Niederlage.
Im Signa-Komplex wird in zahlreichen Strängen ermittelt. Um die komplizierten Geldflüsse zwischen den einzelnen Gesellschaften der Signa und den Privatstiftungen zu untersuchen, braucht es Zeit. Die Staatsanwaltschaft muss mehrere Terabyte an sichergestellten Daten und zahlreiche physische Unterlagen auswerten.
Rechtsexperten sehen daher eine gewisse Versuchung für die Ermittler, René Benko zu Tatbeständen vor Gericht zu bringen, bei denen ein rasches Urteil winkt – wie jetzt im Fall der Mietvorauszahlung oder der versteckten Luxusuhren. Dagegen besteht die Gefahr, dass langwierige Ermittlungen, bei denen es um Hunderte Millionen Euro geht, liegen bleiben und die Signa-Pleite nicht richtig aufgearbeitet wird.
Wo steht die Aufarbeitung der Signa-Pleite?
Längst wird nicht nur in Österreich gegen Benko ermittelt. Die Signa-Pleite hat auch zu Ermittlungen in Deutschland und Italien geführt. Zusätzlich sind die diversen Insolvenzverwalter der einzelnen Signa-Gesellschaften dabei, Gelder für ihre Gläubiger zurückzuholen.
Interessant sind insbesondere die Vorwürfe im «Geldkarussell». Die Wiener Staatsanwaltschaft wirft René Benko vor, dass er 2023 bei einer Kapitalerhöhung, als die Mittel bei der Signa knapp wurden, Geld von Investoren als sein eigenes ausgegeben hat. Der Kaffeemaschinenhersteller Arthur Eugster und Ernst Tanner haben Benko darauf noch einmal Millionen überwiesen.
Bei der Aufarbeitung der Pleite stehen die Behörden erst am Anfang. Seit Ende 2023 haben laut Gläubigerschutzvereinigungen alleine in Österreich 156 Signa-Unternehmen Insolvenz angemeldet, 99 alleine in diesem Jahr. Das macht es so schwierig, die wechselseitigen Geldflüsse und Verbindlichkeiten nachzuvollziehen.
Nach wie vor eine Blackbox sind die Privatstiftungen, die Benko zugerechnet werden und in denen die Ermittler den grössten Teil seines verbliebenen Vermögens vermuten. Bisherige Versuche der Behörden, an das Geld zu kommen, waren bislang erfolglos.
Warum ist die Signa-Gruppe kollabiert?
Signa stand schon länger auf tönernen Füssen. Zum Kollaps beigetragen hat sicher, dass Benko mit der Immobilien- und Handelsgruppe aggressives Wachstum verfolgte und durch künstlich aufgeblähte Mieten bei den Warenhäusern die Bewertungen für seine Immobilien in die Höhe trieb.
Intransparenz gehörte zum Geschäftsmodell. Die Firmengruppe hat bis zuletzt keine konsolidierte Bilanz vorgelegt. Weder Geldgeber noch Behörden hatten eine Ahnung von den tatsächlichen finanziellen Verhältnissen der Gruppe. Als 2023 das Geld immer knapper wurde und erste Investoren ihr Geld zurückforderten, war es nicht mehr da, um die Signa zu retten. Die Aufarbeitung der Pleite dürfte die Justiz noch jahrelang beschäftigen.







